Wesen und Ziel der Freimaurerei
Mit dem Verweis auf die Geschichte der Freimaurerei und
ihrer wahrscheinlichen Entstehung aus den - mit der Tradition der Tempelritter
und später der Bauhütten verbundenen - Steinmetzbruderschaften der Gotik
scheinen Wesen und Ziel ebenso simpel wie kompliziert: Freimaurer tun heute, was
sie bereits vor Jahrhunderten taten: Sie arbeiten in Bauhütten am rauen Stein,
um einen Tempel zu errichten.
Dies geschieht heutzutage im symbolischen Sinne: Die
Bauhütten nennt man jetzt "Logen", der raue Stein, an dem ein jeder arbeitet,
ist gewissermaßen die eigene Persönlichkeit und der Tempel, der aus den kubisch
bearbeiteten Steinen gebaut werden soll, symbolisiert das Ideal einer besseren
Gesellschaft.
Das Ziel besteht also in der Errichtung des genannten
Ideals, das den Grundwerten Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Humanismus und
Toleranz entspricht und der Weg zum Ziel ist die fortwährende Arbeit an sich
selbst, an dem rauen Stein der eigenen Unzulänglichkeiten. So lässt sich die
Freimaurerei mit einem - in der Gruppe Gleichgesinnter stattfindenden -
bestmöglichen Persönlichkeitstraining (!) gleichsetzen.
Der Weg zur "Selbstoptimierung" ist jedoch lang und
keine Schnellstraße. Es gibt keine Gurus, Vorbeter oder Einpeitscher. Jeder muss
sich stattdessen seinen eigenen Weg suchen und für sich selbst entscheiden,
wohin die Reise geht. Freimaurerei kennt kein Dogma, die Arbeit an sich selbst
baut immer auf der vorhandenen Persönlichkeitsstruktur auf und unterscheidet
sich damit von Mensch zu Mensch.
Für Freimaurer ist die Arbeit mit Symbolik und Ritualen
besonders wichtig. Sie dienen als Methode der Verinnerlichung gewonnener
Erkenntnisse und können je nach persönlicher Auffassung im esoterisch-mystischen
Bereich gesehen oder auch (ähnlich der Musik) als weitere Ebenen der nonverbalen
Sprache aufgefasst werden.
Der bewusste Verzicht auf jedes weltanschauliche oder
ideologische Dogma und auf jedwede Missionierung haben zu einer Vielfalt in der
Schwerpunktsetzung und den Vorstellungen verschiedener Logen geführt. Deshalb
ist die Freimaurerei auch keine (weltweit) einheitliche Bewegung, sondern lebt
die Einigkeit in Vielfalt - die Einigkeit in der Zielstellung und dem Weg zum
Ziel.
Doch alle Logen weltweit sind insoweit gleichermaßen
aufgebaut, als in ihnen die grundsätzlichen 3 Erkenntnisgrade gelebt werden.
Diese sind in der Tradition des Steinmetz-Handwerks benannt als Lehrling,
Geselle und Meister. Jeder Interessent (auch als "Suchender" bezeichnet) wird
also - sofern gewünscht oder angestrebt - nach seiner Aufnahme diese drei Grade
durchlaufen können.
In einigen Logen (z.B. denen des Alten und
Angenommenen Schottischen Ritus) gibt es darüber hinaus ein sogenanntes
"Hochgrad"-System, in dem weitere Grade von 4 bis 33 (mit verschiedenen
tradierten Bezeichnungen) existieren.